Installation eines neuen Domherrns

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Lieber Hermann
Liebe Domkapitulare, liebe Mitbrüder
Hochgeschätzter Herr Regierungsrat Schuler
Liebe Schwestern und Brüder

Aus der Apostelgeschichte haben wir einiges über das Leben und Wirken der ersten Jünger des Herrn gehört. Es kommen dort drei Elemente vor, die ich gerne unterstreichen und etwas beleuchten möchte. Die Jünger waren mutige Verkündigende des Evangeliums. Sie liessen sich nicht von den Umständen einschüchtern. Im Gegenteil, sie gingen überall hin und verkündeten die Frohbotschaft. Sie taten es nicht auf die eigene Kraft allein gestützt, sondern es heisst: «die Hand des Herrn war mit ihnen». Und als sie das Aufgehen der Saat des Evangeliums erlebten, als sie Zeugen des Wirkens der göttlichen Gnade waren, hatten sie grosse Freude. Es handelt sich dabei um drei klare tragende Säulen des christlichen Lebens: Verkündigung, Gottesverbundenheit und Freude. Es lohnt sich, dass wir uns alle immer wieder besinnen, ob diese drei Wesenszüge auch unser Leben, unser Tun in der Kirche und das pastorale Wirken in der Diözese bestimmen.

Die Quelle der evangelisierenden Wirksamkeit besteht damals wie heute in der Verbundenheit mit der «göttlichen Hand». Getragen, begleitet und verbunden mit dem Herrn dürfen wir die Zuversicht haben, dass auch heute das Evangelium anziehend bleibt und die letzte Antwort für die grossen Fragen und Sehnsüchte des menschlichen Herzens ist. Ohne Arroganz, ohne Überheblichkeit und ohne jegliches belehrende Auftreten dürfen wir überzeugt sein, dass das Evangelium die wahre Antwort und die Lösung für die Krisen, Probleme, Kriege und Ungerechtigkeiten in unserer Welt darstellt. Nur wenn wir uns in diesem Sinn einsetzen, können wir wiederum sicher sein, dass unsere Gottesverbundenheit nicht nur eine Theorie, eine leere Hülse ist, sondern wirkliches und gelebtes christliches Leben.

Auch das heutige Evangelium spricht heute von der «Hand des Herrn» bzw. von der «Hand Gottes». Es sind nicht zwei verschiedene Hände und doch zwei Hände. Es sind zwei Hände und doch eine einzige Hand: «Ich und der Vater sind eins». Gott ist Beziehung. Gott ist ein grenzenloses und ewig sich ausdehnendes Evangelium. Gott ist eine unendliche Freude. Ich erachte es als sehr bezeichnend, dass der Herr erklärt, dass niemand seine Jünger aus seiner Hand – aus der Hand seines Vaters –wird entreissen können. Die «Hand Gottes» ist keine Hand für Einzelgänger. In seiner Hand begegnen wir allen Händen aller Zeiten. Er hält alle Hände fest, damit niemand verloren geht und wenn wir diese Hand, die uns trägt, festhalten, sind wir verbunden mit allen anderen Händen, die er trägt. Die Gottesverbundenheit ist höchstpersönlich für jeden einzelnen, für jede einzelne und sie ist zugleich – und gerade deswegen – höchstgeschwisterlich. An der Hand Gottes treffen wir uns alle. An der Hand Gottes gehen wir überall hin, um unsere Hand allen zu reichen. Ansonsten haben wir das Evangelium nicht verstanden. Es geht um die evangelische Synodalität, die wesenshaft Mission und Geschwisterlichkeit ist.

Liebe Schwestern und Brüder, die Worte von Papst Leo XIV. an die Kardinäle am Tag nach seiner Wahl haben mich sehr bewegt. Er hat ihnen unter anderem erklärt, dass wir die Botschaft des Zweiten Vatikanischen Konzils verkünden sollten, welche Papst Franziskus in seinem programmatischen Schreiben Evangelii gaudium aktualisiert hat. So hat Papst Leo gesagt:

«Papst Franziskus hat dessen Inhalte in dem Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium ausgezeichnet in Erinnerung gerufen und aktualisiert, von denen ich einige grundlegende Aspekte hervorheben möchte: die Rückkehr zum Primat Christi in der Verkündigung (vgl. Nr. 11); die missionarische Umkehr der gesamten christlichen Gemeinschaft (vgl. Nr. 9); das Wachstum in der Kollegialität und der Synodalität (vgl. Nr. 33); die Aufmerksamkeit für den sensus fidei (vgl. Nr. 119-120), insbesondere in seinen typischsten und inklusivsten Formen, wie der Volksfrömmigkeit (vgl. Nr. 123); die liebevolle Sorge für die Geringsten der Ausgestossenen (vgl. Nr. 53); den mutigen und vertrauensvollen Dialog mit der heutigen Welt und ihren verschiedenen Elementen und Gegebenheiten (vgl. Nr. 84; Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 1-2).»

Da haben wir eine ausgezeichnete Zusammenstellung von dem, was uns eigentlich bewegen und motivieren sollte. Nur eng verbunden mit Christus werden wir etwas erreichen können. Diese Verbundenheit ist echt, wenn wir evangelisieren – und evangelisieren kann man nur geschwisterlich, synodal und mit einer Vorliebe für die Ausgestossenen. Wir wollen alle dezidiert die synodale Kirche vorantreiben. Wir werden es nur tun können, wenn wir die Prioritäten der gesamten Weltkirche an erster Stelle vor Augen haben. Es gibt Anliegen, die uns – vor allem im Westen – berechtigterweise bewegen, z.B. die Sexualmoral, die Weihe der Frau oder der Zölibat. Wir werden für diese Themen die richtigen Antworten finden, wenn wir die vom Papst in Erinnerung gerufenen Wesenselemente der Evangelisierung konsequent priorisieren. Wie Papst Leo in der Ansprache an die Kardinäle weiter sagte:

«Es handelt sich dabei um Grundsätze des Evangeliums, die das Leben und Wirken der Familie Gottes seit jeher beseelt und inspiriert haben, um Werte, durch die sich das barmherzige Antlitz des Vaters offenbart hat und sich weiterhin im menschgewordenen Sohn offenbart, der die letzte Hoffnung eines jeden ist, der aufrichtig nach Wahrheit, Gerechtigkeit, Frieden und Geschwisterlichkeit sucht.»

Möge die Muttergottes – heute feiern wir den Jahrestag ihrer Erscheinung in Fatima – alle unsere evangelisierenden Bemühungen begleiten und voranbringen. Amen

 

Chur, 13. Mai 2025

Joseph Maria Bonnemain
Bischof von Chur

 

 

Hermann Bruhin (Jg. 1944):

Bürger von Schübelbach und dort aufgewachsen, lebt er heute in Siebnen. Nach dem Theologiestudium wurde er 1972 zum Priester geweiht. Längere Zeit war er Pfarrer der Pfarrei St. Franziskus in Zürich-Wollishofen, danach wirkte er als Pfarrer in der Pfarrei St. Michael in Altendorf. Von 2020 bis 2024 war Hermann Bruhin Pfarradministrator in Schübelbach. Seit 2024 ist er mitarbeitender Priester im Seelsorgeraum Berg.

Das Erweiterte Residentialkapitel wählte Hermann Bruhin am 11. November 2024 zum nichtresidierenden Domherrn des Standes Schwyz. Am 15. November 2024 ernannte Bischof Joseph Maria Bonnemain zum Standesdomherrn des Kantons Schwyz.

 

 

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